Om namo Sivaya!
Der beste Grund, alleine zu reisen: niemand haelt einen von verrueckten Entscheidungen ab. Auf dem Flug von Mumbai nach Trivandrum habe ich meinen Fensterplatz grosszuegig einem Inder ueberlassen (der dann die ganze Zeit geschlafen hat) und sass deswegen neben einer New Yorker Yoga-Lehrerin, die erzaehlte, sie sei auf dem Weg in einen Ashram. Zwei Stunden spaeter sass ich im Taxi auf dem Weg dorthin, ohne die geringste Ahnung, was mich erwartet und ob ich ueberhaupt rein darf. Ich durfte und blieb gleich fuer acht Tage.
Was dort passiert, ist an sich schnell erzaehlt: 5.20 (!) Uhr aufstehen, 6.00 Uhr Satsang (Meditation, shanten, Mini-Vortrag ueber etwas, was Swami Sivananda mal geschrieben hat), 7.30 Uhr Chai-Tee, 8.00 Uhr Yoga, 10.00 Uhr Essen, 11.00 Karma-Yoga (schoene Umschreibung fuers Arbeiten, z.B. Feuerholz schleppen), 13.30 Uhr Tee, 14.00 Uhr Theorieunterricht, 15.30 Uhr Yoga, 18.00 Uhr Essen, 20.00 Uhr Satsang, 22.30 Uhr Licht aus. Jeden Tag.
Nervoes war ich vor allem vor der ersten Yoga-Stunde, aber es stellte sich heraus, dass mein Berliner Lehrer wirklich gut ist und ich alles schon kannte. Allerdings konnte ich am zweiten Morgen vor Muskelkater kaum aufstehen… Das ging vorbei, und auch wenn vier Stunden Yoga am Tag wirklich anstrengend sind: es hat sich gelohnt!! Nur am Kopfstand hapert es immer noch.
Satsang hat ein bisschen was von einem Gottesdienst, aber sozusagen trans-religioes. Das Shanten ging mir schnell ziemlich auf die Nerven, aber es gehoert dazu. Einer singt vor und alle nach, auf Sanskrit, und die Melodien wiederholen sich staendig. Auch mit dem Meditieren hatte ich zu kaempfen: Zu viele Gedanken im Kopf, zu grosse Schmerzen in Knien und Huefte, manchmal auch zu hungrig 😉 Gewoehnungsbeduerftig ausserdem: Es gibt im ganzen Ashram vielleicht fuenf Stuehle, fuer alte und kranke Menschen. Man sitzt also jeden Tag stundenlang auf dem Boden, was doch recht schmerzhaft sein kann…
Obwohl in unserem „female dorm“ (ca. 40 Betten) die Stimmung oft wie auf Klassenfahrten war, haben der regelmaessige Tagesablauf und das Schweigen (beim Satsang, Yoga und auch beim Essen darf nicht gesprochen werden) etwas sehr Beruhigendes. Es ist viel Zeit und Platz zum Nachdenken. Die kleinen Vortraege und Unterrichtsstunden beschaeftigen sich hauptsaechlich mit der Frage, wie man mit sich und anderen umgehen sollte, und waren wirklich gut und bedenkenswert – und nicht irgendwie abgehoben-spirituell. Dazu das Yoga-Training, unglaublich gesundes Essen (natuerlich vegetarisch und leider fast ungewuerzt, denn nur dann ist es „sattvik“ = rein) und die frische Luft – besser als jede Kur!
Ueberraschenderweise waren nur wenige Leute im Ashram uebermaessig spirituell unterwegs. Vor allem meine Nachbarin im Schlafsaal, Nicole aus L.A., war wunderbar bodenstaendig und hat, als sie beim „Meditieren“ eingeschlafen ist, von Hot Dogs getraeumt. Auch sonst hab ich viele nette Leute kennen gelernt, manche werde ich in den kommenden zwei Wochen auch nochmal treffen.
Der Abschied vom Ashram ist mir nicht leicht gefallen – aber die Zeit rennt davon und es gibt noch so viel zu sehen…
Diese Holz-schlepp-Nummer erinnert mich irgendwie an die Ausbildung des jungen Daniel LaRusso – aka Daniel-san – in „Karate-Kid“:) Vielleicht sollte Bollywood den Stoff mal adaptieren und eine Ashram-Version des Klassikers produzieren?!! Einen Arbeitstitel hätte ich auch auch schon: „Yoga Kid“^^
Du verschönerst meinen Sonntag!
Danke für deine spannenden Berichte! Lese sie sehr gerne. Und sie machen wirklich Lust aufs Reisen! Hoffentlich ist es bald bei mir auch so weit…